Im Teil 2 der Berichterstattung über unserem Norwegen-Urlaub geht es weiter entlang der Helgelandküste über die Fv17 und anderen, regionalen Landstraßen, bevor die große Flucht vor dem Regen ihren Höhepunkt erreicht. Man muss die Dinge halt nehmen, wie sie kommen.
27. Juni 2024 - Von Nesna nach Sandnessjøen
Der große Umweg
Frohen Mutes starten wir am heutigen Donnerstagmorgen rechtzeitig vor der ausgewiesenen Abfahrtszeit in Richtung Fähranleger, um von Nesna nach Levang überzusetzen. Die Wartespuren sind verdächtig leer und ein muffliger Angestellter der Fährgesellschaft Torghatten klärt uns bald auf, dass die Fähre wegen eines Defekts zumindest heute nicht fahre. Meine Frage nach einer Alternative beantwortete er wie befürchtet "Just go via Mo I Rana". So werden dann aus 40 Kilometern bis Sandnessjøen schnell knappe 180 Kilometer.
Also geht es auf der Fv17 erst einmal 30 Kilometer zurück bis Utskarpen. Auf der folgenden Fv810 kommen wir aufgrund der engen Piste nur langsam voran. In Mo I Rana zweigen wir auf die E6 ab. Die ist zwar wesentlich besser ausgebaut, aber eben auch die Hauptverbindung von und nach Nordnorwegen, und es tummeln sich hier Lastwagen und Wohnmobile in großer Anzahl. Ein Highlight war aber sicher, dass wir endlich wieder einmal unsere Nachmittagspause im Freien verbringen konnten. Irgendwann biegen wir auf die Fv78 ab und erreichen nach einer Weile Leira, das wir bei einer Fahrt mit der Fähre bereits vor Stunden erreicht hätten.
Helgelandsbrua
Wieder auf der Fv17 erreichen wir vor Sandnessjøen die Helgelandsbrua. Mit einer Länge von etwas über 1 Kilometer gehört sie zu den größten Schrägstrebenbrücken der Welt. Sie verbindet das Festland mit der Insel Alsta und führt über den Leirfjord.
Selbstverständlich legen wir einen Stopp ein, latschen auf die Brücke und genießen die Aussicht.
Sandnessjøen
Sandnessjøen auf der Insel Alsta ist ein übersichtlicher Ort mit knapp 6.000 Einwohnern. Trotz der eingeschränkten Größe des Ortes könnt ihr euch hier gut versorgen, denn es gibt zahlreiche Supermärkte.
Die Hauptattraktion in Sandnessjøen sind De Syv Søstre (Die Sieben Schwestern). Die Sieben Schwestern sind eine doch recht beeindruckende Gruppe von sieben Bergen hier an der Helgelandküste. Der höchste Gipfel befindet sich in 1.072 Metern Höhe. Die Berge liegen so nah beieinander, dass man alle Gipfel im Rahmen einer Wanderung an einem Tag erreichen kann. So sagt es jedenfalls der Volksmund, wir haben es nicht ausprobiert.
Apropos Volksmund: Gemäß der Sage von Torghatten handelt es sich bei den Bergen um sieben Jungfrauen, die sich nach einer Verfolgung durch den ungehorsamen Königssohn Hestmannen erschöpft niederwarfen. Bei Sonnenaufgang erstarrten sie zu Stein. Und in Zusammenhang mit der Sage entstand auch der Torghatten (siehe unten). Ein Verwandtschaftsverhältnis zu den Sieben Schwestern am Geirangerfjord besteht nicht.
Fotos der Sieben Schwestern befinden sich in der Galerie zur Helgelandsbrua oben und auch in der nachfolgenden Galerie.
Wir fahren noch etwa 10 Kilometer weiter und werfen unseren Anker auf dem Campingplatz Sandnessjøen (65.9525, 12.4621). Wir ergattern noch einen Platz direkt am Wasser und lassen es uns gutgehen. Für die Nacht sind ca. 35 Euro inklusive Strom fällig.
Nachdem es heute endlich 'mal nicht wo windig ist, hätte ich gerne die Drohne starten lassen, um Die Sieben Schwestern von oben abzulichten. Aber direkt am Campingplatz befindet sich ein Flugplatz und da sollte man so etwas tunlichst unterlassen. Der Flugplatz stört übrigens nicht. Die Maschinen, die hier verkehren sind relativ klein und es besteht keine hohe Flugdichte
Der Tag in der Zusammenfassung
- Nesna nach Utskarpen (Fv17)
- Utskarpen nach Mo I Rana (Fv810)
- Mo I Rana - Leira (E6, Fv78)
- Leira - Sandnessjøen Camping (Fv17)
Insgesamt ca. 187 Kilometer
28. und 29. Juni 2024 - Sandnessjøen nach Torghatten
Die Wetteraussichten verheißen nichts Gutes und wir beschließen eine Planänderung. Irgendwie wollen wir noch bei einigermaßen akzeptablen Wetter zum Torghatten gelangen und somit wird die Überfahrt auf die Insel Vega gestrichen.
Mit der Fähre von Tjøtta nach Forvik
Von unserem Campingplatz bis zum Fähranleger in Tjøtta sind es nicht einmal 30 Kilometer. Das Gelände auf diesem Streckenabschnitt ist eher flach.
Die Überfahrt von Tjøtta nach Forvik dauert ca. 1 Stunde. Je nach Jahreszeit wird schon einmal ein Zwischenstopp eingelegt und die Fahrzeit wird dementsprechend länger. Die Fährfahrt durch den Mind- und den Stokkafjorden bietet schöne Aussichten auf Norwegens Fjord- und Bergwelt.
Weiterfahrt nach Torghatten
Der Weg bis zum nächsten Fähranleger in Andalsvåg ist nicht weit. Die Fahrpläne der beiden Fähren sind nicht gut aufeinander abgestimmt, denn wir warten fast 1 1/2 Stunden bis wir nach Horn übersetzen können. Bald erreichen wir Brønnøysund und unweit hinter der Ortschaft biegen wir auf die Rv76 ab, die uns zu unserem Tagesziel nach Torghatten führt. Unterwegs haben wir uns für zwei Nächte bei Torghatten Camping & Beach Restaurant AS (65.3931, 12.0990) eingebucht. Dabei haben wir uns einen teureren Platz mit Panorama View für 38 Euro pro Nacht inklusive Strom ausgesucht.
Torghatten Camping ist riesig. Der Platz ist sehr matschig, dafür können die Betreiber aber nichts. Die Ausstattung des Campingplatzes mit Sanitäranlagen ist jedoch indiskutabel. Es gibt nur ein Gebäude mit Duschen sowie Toiletten, und die Entfernung dorthin ist von einer Vielzahl der Stellplätze sehr weit. Jedenfalls sind wir glücklich, dass der Platz nur dünn besiedelt ist, so dass wir einem Chaos im Sanitärbereich entgehen können.
Pünktlich bei unserer Ankunft fängt es an zu schütten. Wir beziehen unseren Platz mit der wetterbedingt nicht mehr vorhandenen Panorama Aussicht und holen uns doch recht gute Pizzen im Restaurant. Pizzen gibt es hier nur to go, im Restaurant kann nur Feineres und Teureres gegessen werden.
Torghatten
So gegen 20:00 Uhr gibt es eine Regenpause und der Himmel klart sogar teilweise auf. Ich entschließe mich zu einem Spaziergang und entdecke das Schild "Torghatten Hull". Dies motiviert mich, meinen Spaziergang über den geplanten Umfang hinaus zu erweitern, denn offensichtlich bin ich auf dem richtigen Weg, um die eigentliche Sehenswürdigkeit an diesem Ort zu besuchen.
Der Torghatten nämlich ist ein 258 Meter hoher Berg, der in seiner Mitte ein 35 Meter hohes, 160 Meter langes und 15 bis 20 Meter breites Loch hat. Und natürlich hat der Norweger eine Erklärung für dieses Loch. Sie hat zu tun mit einem liebestollen Troll, der sieben Schwestern, die die Töchter des Trollkönigs von Sulis waren, mit der ehrbaren Jungfrau Lekamøya entdeckte. Lekamøya erweckte seine Begierden. Die Damen sahen ihn jedoch und ergriffen die Flucht. Diesem Troll, Hestmannen, wurde schnell klar, dass seine Verfolgungsjagd bis zum Sonnenaufgang nicht erfolgreich sein würde, denn Trolle werden durch die Sonne zu Stein. So schoss er wütend einen Pfeil ab. Die Verfolgungsjagd blieb nicht unbemerkt und der Trollkönig von Sømna, der unter den Schaulustigen war, warf seinen Hut vor den Pfeil, um Lekamøya zu schützen. Der Pfeil riss ein Loch in den Hut. In diesem Moment ging die Sonne auf und die sieben Schwestern, Lekamøya sowie Hestmannen und sein Hut wurden zu Stein. Als sie zu Boden fielen, formten sich aus ihnen die charakteristischen Felsen und Berge der Region. Und dem Hut mit dem Loch verdankt die Menschheit den Torghatten.
Aber zurück zum Aufstieg. Für einen Flachlandtiroler fortgeschrittenen Alters mit durchschnittlicher Fitness ist der Weg nach oben mit seinen vielen Stufen recht anstrengend, aber durchaus zu bewältigen. Oben angekommen, sind das Loch und die sich bietende Aussicht beeindruckend. Ich schicke erst einmal eine WhatsApp an meine Frau, die bestimmt schon die wildesten Fantasien über meinen Verbleib hat. Dann beginne ich auf der anderen Seite des Loches den Abstieg. Nach fast drei Stunden bin ich zurück am Campingplatz.
Die folgende Nacht ist sehr unruhig. Der Regen fällt mit Getöse auf das Wohnmobil und es schaukelt bei den starken Winden wie wild. Am anderen Morgen wird mir nahegelegt, das Wohnmobil auf einen geschützteren Platz zu verlegen.
Den Samstag verbringen wir frusttiert im Wohnmobil bei Dauerregen.
Der Tag in der Zusammenfassung
- Sandnessjøen nach Tjøtta (Fv17)
- Fähre Tjøtta nach Forvik (Fv17)
- Forvik nach Andalsvåg (Fv17)
- Fähre Andalsvåg nach Horn (Fv17)
- Horn nach Brønnøysund (Fv17)
- Brønnøysund nach Torghatten (Fv17, Rv76)
Insgesamt ca. 97 Kilometer
30. Juni 2024 - Von Torghatten nach Kolvereid
Heute können wir uns glücklich schätzen, denn der Tag bleibt zunächst weitgehend niederschlagsfrei. Als Erstes versuchen wir, eine Stelle zu finden, von der wir den Torghatten mit seinem Loch aus der Ferne sehen können. Die Forschungsfahrten enden ohne Erfolg an dem Einspruch meiner Beifahrerin.
Zur Fähre nach Vennesund
Dann fahren wir zurück nach Brønnøysund und es geht wieder auf die Fv17. Nach ca. 40 Kilometern erreichen wir Trælnes, wo wir einen Stopp einlegen.
Über Berg und Vik gelangen wir dann nach ca. weiteren 25 Kilometern zum Fähranleger in Vennesund.
Die Landschaft auf diesem Streckenabschnitt ist nicht als spektakulär zu bezeichnen, aber grüne Wiesen und Berge bei blauem Himmel lassen das Herz höher schlagen.
Fähre Vennesund nach Holm und Weiterfahrt nach Kolvereid
Die Fährfahrt von Vennesund nach Holm ist nur ein kleiner Hüpfer über den Bindalsfjorden.
Nach ca. 20 Kilometern verlassen wir für gut zwei Tage die Fv17 und über die Rv802, Rv771 sowie Rv770 erreichen wir via Nausbukta Kolvereid. Auch auf diesem Streckenabschnitt gilt, dass die Landschaft nicht spektakulär, aber schön ist.
Am Zielort steuern wir das Kolvereid Familiecamping (64.8716, 11.5911) an. Eine Rezeption gibt es hier nicht, wir rufen an und bekommen mitgeteilt, an wen wir per PayPal unseren Obolus senden sollen. Der Betrag ist vernachlässigbar. Außer uns hat auch nur ein anderer Camper den Weg hierher gefunden.
Die Sonne scheint, wir finden eine Waschmaschine und der Waschtag kann beginnen. Kurz nachdem die erste Maschine ihr Waschprogramm beendet hat, ist der Regen zurück. So verputzen wir unser Abendessen zwischen voll belegten Wäscheleinen im Wohnmobil und lauschen dem wohl bekannten Prasseln auf unserem Wohnmobildach.
Am Abend lässt mich die Frage nicht los, warum wir keine Sicht auf den Torghatten gefunden haben. Google Maps zeigt, dass wir am Morgen nur ein oder zwei Kilometer weiter hätten fahren müssen, bevor wir umdrehten. Man hätte ja auch mal vorher googeln können.
Der Tag in der Zusammenfassung
- Torghatten nach Brønnøysund (Rv76, Fv17)
- Brønnøysund nach Trælnes (Fv17)
- Trælnes nach Vennesund (Fv17)
- Fähre Vennesund nach Holm (Fv17)
- Vennesund nach Kolvereid (Fv17, Rv802, Rv771, Rv770)
Insgesamt ca. 136 Kilometer
1. Juli 2024 - Von Kolvereid nach Namsos
Von Kolvereid nach Rørvik
Am Morgen des Montags verlassen wir das vereinsamte Kolvereid Familiecamping folgen der Rv770 weiter und machen uns auf den Weg nach Rørvik. Die Scheibenwischer des Wohnmobils leiden wieder einmal nicht an Unterbeschäftigung. Der Küstenort Rørvik hat gerade mal etwas mehr als 3.000 Einwohner und ist auf der Insel Inner-Vikna gelegen. Auch die Hurtigruten machen hier Station. Wir starten unseren kleinen Rundgang durch die Stadt und stellen fest, dass das Örtchen nicht sehr viel zu bieten hat. Am faszinierendsten sind noch die gelben und roten Holzhäuser am Ufer, die von tausenden Möwen bevölkert und zugesch..... werden. Ob die Häuser noch bewohnt sind, erkennen wir nicht, aber Fenster putzen möchte man hier nicht.
Bald schon flüchten wir vor dem Regen in den Kiwi-Supermarkt und füllen unsere Vorräte auf. Dann verlassen wir die Stadt.
Von Rørvik nach Abelvær
Nun fahren wir erst einmal einige Kilometer auf der Rv770 zurück und über die Rv769 sowie Rv768 gelangen wir durch eine flache Landschaft nach Abelvær. Abelvær wird als pittoreskes Fischerdorf in einer wunderschönen Küstenlandschaft beschrieben. Letzteres können wir durchaus bestätigen, auch wenn ein paar Sonnenstrahlen fehlen, um die Landschaft entsprechend zu betonen. Das mit einem malerischen Fischerdorf können wir so nicht ganz nachvollziehen, denn bis auf einige schöne Holzhäuser ist Abelvær recht trist.
Wir machen einen Spaziergang durch das Dorf, aber es dauert nicht lange, bis uns dunkle Gewitterwolken und Donner in der Ferne dazu auffordern, zum außerhalb des Ortes geparkten Wohnmobil zu flüchten.
Von Abelvær nach Namsos
27 Kilometer sind zu bewältigen, bis wir von Abelvær die letzte Fähre unserer Reise entlang der Helgelandskysten in Hofles erreichen. Gut 20 Minuten dauert die Schifffahrt nach Lund. Die Fähre von Hofles nach Lund ist im Übrigen die einzige Fähre, bei der die Abrechnung des Entgelts nicht elektronisch erfolgt, sondern die Gebühr ist per Kreditkarte zu entrichten.
Während der Überfahrt können wir nochmals einige schöne Aussichten auf die Landschaft vom Deck der Fähre genießen.
Zwischen Lund und Namsos wird die Landschaft wieder interessanter, denn sie wird wieder bergiger sowie seenreicher, und die Straße führt des Öfteren über Brücken.
Bilder Fähre Hofles nach Lund
Bilder Elvalandet zwischen Lund und Namsos
Unsere Tagesetappe endet auf dem Platz Namsos Camping (64.4750, 11.5790) etwas außerhalb der gleichnamigen Stadt in Flughafennähe. Aber auch hier gehen nur ab und an Turboprop-Maschinen in die Luft. Der Campingplatz gefällt uns, ist er doch großzügig, am Wasser gelegen und modern. Wir berappen 34 Euro inklusive Strom. Und tatsächlich lässt sich auch die Sonne zwischendurch einmal blicken.
Der Tag in der Zusammenfassung
- Kolvereid nach Rørvik (Rv770)
- Rørvik nach Abelvær (Rv770, Rv769, Rv768)
- Abelvær nach Hofles (Rv768, Rv769)
- Fähre Hofles nach Lund (Rv769)
- Lund nach Namsos ( Rv769, Fv17)
Insgesamt ca. 161 Kilometer
2. Juli 2024 - Good bye Fv17 und ab nach Mittelnorwegen
Namsos
Den regenfreien Vormittag nutzen wir, um ein wenig durch Namsos zu schlendern. Der Ort mit knapp 15.000 Einwohnern liegt an einer kleinen Bucht an der Mündung des Flusses Namsen in den Namsenfjord. Das Städtchen mit vielen bunten Holzhäusern ist sehenswert, es musste aber nach Luftangriffen durch die Deutschen im Jahr 1940 nahezu vollständig wieder aufgebaut werden.
Von Namsos weiter in Richtung Mittelnorwegen
Der Rest des Tages wird zum Reisetag. Die Wettervorhersage für die Region ist furchterregend und so suchen wir uns in verschiedenen Wetter-Apps eine Region aus, in der in den nächsten Tagen weniger Regen fallen soll. Eins vorweg: Irren ist menschlich!
Von Namsos aus folgen wir das letzte Mal der Sehnsuchtsstraße Fv17. Diese verlassen wir in Asp und die verkehrsreiche E6 hat uns wieder. Wir passieren Steinkjer und vor Trondheim ist die E6 wegen umfangreicher Bauarbeiten über einen längeren Abschnitt gesperrt. Als Folge erleben wir unseren ersten Stau in Norwegen. Trondheim lassen wir hinter uns und fahren einige Zeit später Kjelstad Camping (63.16276, 10.30212) an. Der Campingplatz liegt direkt an der E6 und ist eher als rustikal zu bezeichnen. Aber für eine Nacht ist er ok.
Fotos von der Fahrt von Namsos zum Kjellstad Camping gibt es nicht.
Der Tag in der Zusammenfassung
- Namsos Camping nach Asp (Fv17)
- Asp nach Kjelstad Camping (E6)
Insgesamt ca. 230 Kilometer
3. Juli 2024 - Von Kjelstad Camping zum Trollheimsporten Turistcenter
Heute haben wir keine Lust, stundenlang zu fahren, und beenden die Tagesetappe bereits nach weniger als 100 Kilometern.
Hinter Oppdal verlassen wir die E6 und zweigen auf die Nationalstraße 70 in Richtung Ålesund ab. Wir checken beim Trollheimsporten Turistsenter (62.61655, 9.478155) ein. Der Campingplatz weiß zu gefallen, ist er doch großzügig und sauber und verfügt über neuere Sanitäranlagen. Für knapp 30 Euro inklusive Strom sind wir dabei.
Auf dem Campingplatz sehen wir in der Ferne Schnee auf den Bergen. Dies ist ein sicheres Zeichen, dass die Landschaft in den nächsten Tagen wieder andere Akzente setzen wird. Laut Wetter-Apps wird die Flucht vor dem Regen aber weniger erfolgreich sein.
Der Tag in der Zusammenfassung
- Kjelstad Camping nach Oppdal (E6)
- Oppdal nach Trollheimsporten Turistcenter (Rv70)
Insgesamt ca. 96 Kilometer
4. Juli 2024 - Vom Trollheimsporten Turistcenter zum Langfjorden und
5. Juli 2024 - Hoffen auf Wetterbesserung
Vinnufossen
Vom Campingplatz aus folgen wir der Rv70 gen Westen. Das Wetter hält sich ganz gut. Sonne und Wolken wechseln sich ab. Die Landschaft ist typisch norwegisch. Entlang des Sunndalsvegen erhebt sich links sowie rechts die Bergwelt, und in der Ferne kommen schneebedeckte Gipfel in Sicht.
Vor Sunndalsøra legen wir am Rastplatz Holsskeiet einen Stopp ein, latschen einige Hundert Meter zurück und biegen auf einen Wanderweg ab, der zum Vinnufossen führt. Die Wanderung zum Wasserfall über die Vinnutrappa mit 676 Stufen verlangt unsereins schon Einiges ab. Nach etwas mehr als einer halben Stunde erreichen wir hechelnd das Aussichtsplateau.
Der Vinnufossen ist Europas dritthöchster und der siebthöchste Wasserfall der Welt, auch wenn es von dem Aussichtspunkt, den wir erreichen, nicht so aussieht. Außerdem dürften Anfang Juli die größten Wassermengen bereits abgeflossen sein und der Klimawandel wird sein Übriges tun. Aber tatsächlich stürzt das Wasser am Vinnufossen 865 Meter in die Tiefe.
An der Vinnutrappa wird derweil weiter gebaut, denn sie soll noch höher hinauf bis auf ein Bergplateau. Für den Bau der Treppe haben sich die Norweger echte Experten geholt, denn Sherpas aus Nepal treiben die Arbeiten voran.
Weiterfahrt zum Langfjorden
Kurze Zeit später erreichen wir den 4.000 Einwohner zählenden Ort Sunndalsøra und legen dort zwecks Einkäufe und einem kleinen Spaziergang einen Zwischenstopp ein. Anschließend verlassen wir die Rv70, die weiter nach Molde und Ålesund führt. Unsere Fahrt führt uns ab Sunndalsøra über die Fv62. Die Landschaft, die an uns vorüberzieht, ist erste Sahne. Bald erreichen wir den Tingvollfjorden und es passiert Außergewöhnliches, können wir doch auf einem Rastplatz oberhalb des Fjords unseren Kaffee und Kuchen bei Sonnenstrahlen im Freien genießen. Und endlich kann auch mal wieder die Drohne zum Einsatz kommen. In bzw. kurz vor Eidsvåg wechseln wir auf die Fv660 und es geht dann nochmals etwas in die Höhe, bevor wir zum Langfjorden hinab fahren.
Bilder von Sunndalsøra
Bilder vom Tingvollfjorden
Bilder vom Langfjorden
Wir beenden die Tagesetappe und buchen uns gleich für zwei Nächte bei Mittet Camping (62.69992, 7.69225) direkt am Langfjord ein, da am nächsten Tag großräumig Dauerregen angesagt wird. Der Campingplatz macht insgesamt einen guten Eindruck. Lediglich die Entsorgung der Chemietoilette in einem Open Air Klo unter einem Baum direkt neben anderen Campern ist gewöhnungsbedürftig. Der Betreiber spricht Deutsch. Für die beiden Nächte inklusive Strom bezahlen wir ca. 65 Euro.
Auf dem Campingplatz sind sehr viele Angler. Dass die hart gesotten sind, zeigt sich bereits am Abend. Als der Dauerregen einsetzt, verziehen wir uns schnell in unser WoMo, während der Angler zum Fjord sprintet und auf reiche Beute hofft.
Den Freitag verbringen wir etwas frustriert auf dem Campingplatz. Bis auf zwei kurze Spaziergänge lässt das Wetter keine weiteren Aktivitäten zu. Zum Glück läuft noch die Fußball-EM und ab dem späten Nachmittag bin zumindest ich beschäftigt.
Der Tag in der Zusammenfassung
- Trollheimsporten Turistcenter zum Vinnufossen (Rv70)
- Vinnufossen nach Sunndalsøra (Rv70)
- Sunndalsøra nach Mittet (Fv62, Fv660)
Insgesamt ca. 140 Kilometer
6. Juli 2024 - Von Mittet in die Region Jotunheimen
Am Morgen ist guter Rat teuer. Wohin jetzt noch bei diesen Wetterprognosen? Die Wetter-App sagt, in der Region Jotunheimen wird es noch am wenigsten regnen.
Also setzen wir uns in Bewegung. Wir folgen der Fv660 weiter entlang des Langfjorden, wechseln dann auf die Fv64 und um den Isfjord, der der kurze, östliche Arm des Romsdalsfjorden ist, herum gelangen wir nach Åndalsnes. Heute ignorieren wir die Stadt, aber bei schönem Wetter ist eine Fahrt mit der nicht gerade preisgünstigen Romsdalen-Gondelbahn auf den 1679 Meter hohen Berg empfehlenswert. Beim letzten Mal in Åndalsnes hatten wir wettermäßig mehr Glück und ich fuhr hinauf.
Hinter Åndalsnes begehe ich einen Fauxpas. Ich nehme zwar die E136, aber in die falsche Richtung. Zwar wundere ich mich, dass mir das Terrain bei der Fahrt entlang des Romsdalsfjorden so wenig bekannt vorkommt, aber der Groschen fällt erst nach 40 Kilometern. Also wenden und 40 Kilometer wieder in die entgegengesetzte Richtung. In Åndalsnes wird aus Frust erst einmal eingekauft, obwohl in Sachen Vorräte absolut kein Notstand herrscht.
Dann geht es weiter durch das von uns so geliebte Romsdalen. Es ist grau in grau und so fallen die üblichen Fotostopps aus. Am Slettafossen halten wir an. Fotos davon bei Sonnenschein haben wir genug, aber man könnte ja mal die Drohne fliegen lassen.
Kurz vor Bjorli meldet sich das WoMo, dass das Ad Blue zu Neige geht. Wir fahren die Tanke an und werden über den Tisch gezogen. Für 2 Liter Ad Blue werden 17,50 € fällig. Später werde ich für mehr von dem Stoff an einer Tankstelle nur einen Bruchteil dieses Preises bezahlen.
Bei Lesja verlassen wir die E136 und nehmen über die Fv496 Kurs auf den Slådalsvegen. Den habe ich kurz zuvor beim Surfen im Internet entdeckt. Der Slådalsvegen führt über eine Hochebene und verbindet Lesja mit Vågåmo. Bei der Anfahrt wird es bereits enger und steiler und alsbald ist per Kreditkarte die Maut in Höhe von 8,50 € für den Slådalsvegen zu entrichten. Hierbei handelt es sich um eine 32 Kilometer lange Schotterpiste, die aber gut zu befahren ist. Ein wenig Vorsicht ist geboten, denn die Anzahl frei laufender Schafe ist hoch. Auf der Fahrt über den Slådalsvegen bieten sich schöne Aussichten auf verschiedene Täler und das umliegende Bergland.
Nachdem wir den Slådalsvegen hinter uns gelassen haben, erreichen wir Vågåmo. Kurze Zeit folgen wir der Rv15, biegen aber schon bald auf die Fv51 ab. Dort beginnen wir die Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit. Zwei Campingplätze verlassen wir nach der Besichtigung wieder, weil sie entweder zu matschig oder doch etwas zu rustikal waren.
"Fündig" werden wir auf dem Platz Randsverk Camping (61.73026, 9.08215). Wir befinden uns am östlichen Rand des Jotunheimen Gebirges. Der Campingplatz ist groß mit ausreichend vielen und sauberen sanitären Einrichtungen, er verfügt über einen Supermarkt und ein Restaurant ist angeschlossen. Für eine Nacht zahlen wir ca. 40 Euro inkl. Strom. Für meine Frau wird in dem Geschäft das lang ersehnte Rentierfell erstanden. Den Tag lassen wir mit einem leckeren Abendessen und ein paar Drinks ausklingen.
Der Tag in der Zusammenfassung
- Mittet nach Åndalsnes (Fv660, Fv64)
- Åndalsnes zum Slettafossen (E136)
- Slettafossen nach Lesja (E136)
- Lesja über Slådalsvegen nach Vågåmo (Fv496)
- Vågåmo nach Randsverk Camping (Rv15, Fv51)
Insgesamt ca. 200 Kilometer
7. Juli 2024 - Von Jotunheimen nach Südnorwegen
Da unser Zeitplan noch Luft hat, wollen wir eigentlich einen weiteren Tag auf dem Campingplatz bleiben, um das Umland ein wenig zu erkunden. Der sachverständige Leser weiß bereits an dieser Stelle, dass das wohl nichts wird und stattdessen eine weitere Flucht vor dem Regen einsetzt. Das Ende vom Lied ist, dass wir beschließen, am heutigen Tag nach Südnorwegen zu fahren, denn da soll es bei zwar kühlen Temperaturen in den nächsten Tagen so etwas wie Sonnenschein geben.
Nationale Landschaftsroute Valdresflye
Viele Kilometer folgen wir dabei der Fv51. Dabei gelangen wir auf die Nationale Landschaftsroute Valdresflye. Sie beginnt bei Hindsæter und endet bei Garli nördlich von Beitostolen.
Hier bieten sich beeindruckende Aussichten auf die Gipfel des Jotunheimen-Nationalparks. Der höchste Punkt der 49 Kilometer langen Touristenstraße befindet sich auf 1389 Metern ü.d.M. Ach wie schön wäre es hier mit ein wenig Sonnenschein, aber auch so hinterlässt Valdresflye einen nachhaltigen Eindruck. Vielleicht kommt man ja nochmals hierhin.
Weiterfahrt nach Südnorwegen
In Leira gelangen wir wieder auf die E16, die nach einiger Zeit am Tyrifjorden vorbeiführt. Warum dieses Gewässer den Begriff "Fjord" im Namen trägt, wissen wir nicht, handelt es sich doch um einen Binnensee. Der Tyrifjorden ist immerhin der fünftgrößte Binnensee in Norwegen, gemessen am Wasservolumen sogar der Drittgrößte. Der nächste größere Ort, den wir passieren, ist Drammen und wir schwenken auf die E18. Hinter Drammen sehen wir doch tatsächlich seltene blaue Löcher in den Wolken. Erst verhalten sie sich zurückhaltend, aber je weiter wir nach Süden gelangen, umso mehr werden es.
Schließlich gelangen wir auf die Fv305 und Fv303, die uns über Sandefjord zu dem Campingplatz führt, auf dem wir die letzten Nächte in Norwegen verbringen werden.
Der Tag in der Zusammenfassung
- Randsverk Camping nach Leira (Fv51)
- Leira nach Drammen (E16)
- Drammen nach Sandefjord (E18, Fv305)
- Sandefjord nach Granholmen Camping (Fv303)
Insgesamt ca. 375 Kilometer
8. bis 9. Juli 2024 - Granholmen Camping
Am Vorabend haben wir bei Granholmen Camping (59.08886, 10.22297) eingecheckt. Der Platz liegt auf der kleinen, gleichnamigen Insel, die über eine Straße an das Festland angeschlossen ist. Der Campingplatz liegt direkt am Sandefjordsfjorden und bietet Bademöglichkeiten, die wir aber aufgrund der Luft- und Wassertemperaturen nicht nutzen. Die Anlage ist äußerst gut besucht und jede kleine Lücke wird von dem improvisierenden Platzverwalter ausgenutzt. Dafür sind die Sanitäranlagen etwas knapp gemessen, aber der erfahrene Camper kennt ja die Stoßzeiten unter den Duschen und kann sich danach richten. Pro Nacht werden hier ca. 37 Euro inklusive Strom fällig. Der Campingplatz verfügt über ein Restaurant. Dieses Angebot nutzen wir aus und das Essen ist ok.
Insgesamt verbringen wir zwei erholsame Tage zum Abschluss unserer Reise auf Granholmen. Höher als 15 Grad Celsius klettert das Thermometer eher selten, aber Trockenheit und Sonnenschein sind uns mehr als willkommen. Leckeren Kuchen für den Nachmittagskaffee besorgen wir uns im nahegelegenen Supermarkt, der in 10 bis 15 Minuten zu Fuß zu erreichen ist. Ansonsten wird gechillt oder ein kleiner Spaziergang unternommen. Die angestrebte Vernichtung der noch existierenden Alkoholbestände schlägt fehl.
10. bis 11. Juli 2024 - Und ab nach Hause
Nach einem gemütlichen Frühstück setzen wir uns in Bewegung Richtung Kristiansand. Die Fährüberfahrt ist am frühen Nachmittag. Dieses Mal geht es nicht mit der Schnellfähre über den Skagerak, sondern wir haben eine Abfahrtszeit gebucht, bei der die MS Stavangerfjord zum Einsatz kommt. Die MS Stavangerfjord benötigt für die Überfahrt mit knapp 4 Stunden 1 1/2 Stunden mehr als der Katamaran Fjord FSTR, aber umso länger können wir das reichhaltige Angebot in der Lounge nutzen, das pro Reisenden 20 Euro kostet.
Einigermaßen pünktlich nach einer Fahrt über die aufgewühlte See erreichen wir Hirtshals auf dem dänischen Festland. Wir fahren noch bis ca. 22:30 Uhr weiter und übernachten auf dem Wohnmobil- / Wohnwagenübernachtungsplatz Handewitt in der Nähe von Flensburg. Auf dem offiziellen und kostenlosen Stellplatz ergattern wir die letzte freie Lücke.
Nach einem Frühstück an der Tanke machen wir uns am nächsten Tag auf unsere letzte Tagesetappe zurück nach Düsseldorf.
Damit ist der Urlaub in Norwegen schon wieder Historie.
Unser Resümee:
- Die Anreise über Schweden nach Bodø hat uns durch das schöne Lappland geführt.
- Über mehrere Tage die Mitternachtssonne nördlich des Polarkreises zu erleben, ist etwas Besonderes.
- Die Fahrt über den Kystriksveien (Fv17) entlang der Helgelandküste hielt viele Schönheiten der Natur für uns bereit und war absolut lohnenswert.
- Schade, dass das Wetter uns viele Tage verhagelte. So entging uns Einiges, was wir gerne gesehen und genossen hätten.
- Durch den Mangel an Halteplätzen entlang der Fv17 konnten wir viel Sehenswertes nur im Vorbeifahren in uns aufnehmen.
- Die Helgelandküste ist nicht überlaufen. Besucher der Lofoten berichteten uns, dass ein Aufenthalt dort der Horror sei.
- Die Fv17 ist gut befahrbar. Hier hatten wir damit gerechnet, dass es weitaus enger zugehen würde.
- Unsere Flucht vor dem Regen hat uns in Gebiete in Mittelnorwegen geführt, die wir nicht kannten und zukünftig nochmals angefahren werden sollten.
- Norwegen ist Norwegen und da muss man das Wetter so akzeptieren, wie es ist.
- Schließlich waren wir froh, dass wir erstmals mit einem größeren Wohnmobil in Skandinavien waren. Dies hat die Tage während der Schlechwetterperioden erleichtert.
- Können wir eine Reise über den Kystriksveien empfehlen? JA!
Das war's. Wir wünschen Euch eine gute Zeit mit vielen interessanten Reisen.
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